Handwerk auf Cappenberg

Einleitung

Cappenberg hat sich in den vergangenen Jahrhunderten aus einer kleinen Bauerschaft des südlichen Münsterlandes mit 36 Anwesen zu einer dörflichen Gemeinschaft mit ca. 1500 Einwohnern entwickelt. Seit dem die Bebauung des ehemaligen Schützenfestplatzes und der Kreutzkampswiese abgeschlossen ist, wohnen mehr als 2000 Mitbürger im Dorf. Viele der Zugezogenen werden das alte Cappenberg vielleicht nur noch aus Erzählungen kennenlernen können. Insbesondere hat sich in den vergangenen 50 Jahren die soziale Struktur des Dorfes stark gewandelt. Neben den landwirtschaftlichen Betrieben des Dorfes gab es früher für alle Bedürfnisse des täglichen Lebens größere und kleinere Handwerksbetriebe, die Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten boten. Von diesen sind nur wenige übrig geblieben.



Früheste Berichte über das Bauhandwerk aus dem Jahre 1122

Alles auf Cappenberg ist mit den Cappenberger Grafen, deren Klostergründung, unserer Kirche und dem heutigen Schloß verbunden. Hierüber finden sich in Archiven, Museen, Kunstführern und der Literatur zahlreiche Hinweise. Über die Menschen, die mit ihrer Hände Arbeit die Kunstschätze von Kirche und Kloster und der sie beherbergenden Bauten geschaffen haben, wird nur wenig oder gar nichts berichtet. Die Geschichte des Handwerks auf Cappenberg beginnt daher auch im Jahre 1122, dem Jahr der Klostergründung. Es sind weder eine Beschreibung der alten Cappenberger Burg noch des Klosters überliefert. Neben der alten Burg wurde die Kirche erbaut, beide sind dann wohl zusammengewachsen, wie es das klösterliche Leben und die Ordensgewohnheiten der Prämonstratenser vorsah. Über die Baugeschichte der Kirche ist weiter nichts bekannt. Interessant ist aber, dass der Name des Baumeisters überliefert ist. Die Origo monasterii Cappenbergensis nennt ihn mit dem Namen Ericus (Erich).

Die erste Nachricht von weiterer Bautätigkeit im Kloster stammt aus der Zeit des Propstes Hartlev (1275-1294). Er legte um das Kloster neue Gräben und Befestigungen an und baute 1293 einen neuen Schlafsaal. Mit dem Anbau des gotischen Chores 1387 und dem Einzug der gotischen Gewölbedecke hat die Kirche im Laufe der Jahrhunderte dann ihre größten Umbauten erfahren. Einige romanische Fenster wurden durch gotische ersetzt. Im 15. Jahrhundert war ein Teil der Klostergebäude jedoch so baufällig geworden, dass einzelne sogar einzustürzen drohten. Was noch zu reparieren war, ließ der Propst wiederherstellen, alles andere baute er neu auf, so vor allem den Speisesaal und das Hospital. Bei letzterem ließ er eine Kapelle anbauen. In der Folgezeit wurde an der Kirche eine neue Sakristei errichtet. In der Nacht zum Gründonnerstag des Jahres 1512 fielen der Speisesaal, der Schlafsaal, die Bäckerei und die Brauerei des Klosters sowie ein Teil des Kreuzganges den Flammen zum Opfer. Aus einem zeitgenössischen Bericht über dieses Unglück erfährt man erstmals von Handwerksbetrieben zur klösterlichen Selbstversorgung. Im 16. Jahrhundert wurden baufällige und durch weitere Brände beschädigte Teile des Klosters wiederaufgebaut. Der Name des Propstes Theodor von Nagel zu Loburg (1696-1711) ist auf das engste verbunden mit dem Bau des neuen Propsteigebäudes, das im Jahre 1708 fertiggestellt wurde. Auch aus den Jahren 1717/18 wird wieder von Bautätigkeit berichtet. In diesen Jahren sollte in Bork eine neue Kirche gebaut werden. Der damalige Propst einigte sich mit dem Baumeister Sängerley, worauf mit dem Bau begonnen wurde. Aus den Steinbrüchen des Klosters stellte er Baumaterial zur Verfügung, in den Cappenberger Öfen ließ er Kalk brennen. Somit scheint festzustehen, dass nicht nur zu Zeiten des Kirchbaues bei Cappenberg Steinbrüche betrieben wurden, sondern dass der Cappenberger Sandstein auch noch im 18. Jahrhundert Verwendung fand. Für Steinbruch, Mauer- und Zimmereiarbeiten werden Handwerker und Tagelöhner in der Nähe des Klosters gelebt haben, vielleicht auch auf Cappenberg. Den jungen Herrn Pictorius ließ der Propst 1720 zweimal von Nordkirchen nach Cappenberg kommen, um Änderungen am Neubau des Klosters vornehmen und einen Entwurf für ein neues Waschhaus anzufertigen. Über die Klostergebäude zur Zeit der Aufhebung 1803 wird berichtet, dass sich zwischen dem Tore und der Kirche Stallungen für das Vieh und die Wohnungen für die Dienstleute befanden; darunter Jäger, Bäcker, Brauer und Fischer. Brauhaus und Backhaus wurden noch 1822 erwähnt.



Schreiner im Dorf seit 1542

Ein Schnadeprotokoll vom 3. April 1542 berichtet von einem Schnadegang, d.h. einem Gang entlang der Grenzen des Klosterbesitzes. Dieser fiel auf den Montag nach Palmsonntag. Neben dem Propst, dem Prior, einigen Stiftsherren und dem bischöflichen Amtsdrosten aus Werne nahmen auch Anwohner der Bauerschaft Übbenhagen an dem Schnadegang teil. Genannt werden der Jenneken, der „..Stumpfschryner Lambertus… Rotgerus Cork Schryner, Bertoldt Vyscher Tafeldeyner, und Dyrick Vorwerk vager tho Capenberge. ….. als de Byfank Amptschreiber Dreas Kusen… .“ Die ersten namentlich bekannten Handwerker des Dorfes sind damit zwei Schreiner.



Brennerei Kreutzkamp seit 1654

Das Brennrecht auf dem Hof Kreutzkamp bestand laut Überlieferung seit dem Jahre 1654. Ein Gasthaus wurde schon lange vorher betrieben. 1708 schrieb Konrad Kreutzkamp in seiner Familienchronik, anlässlich seiner Hochzeit mit der Catharina Schulze Alstedde seien „Brau und Fusel“ schon dabei und „frei von accise“ gewesen. In einem Verzeichnis der Branntweinbrennereien im „Erbfürstenthum Münster“ ist im Jahre 1804 unter Kreis Lüdinghausen, Kirchspiel Bork, Bauerschaft Übbenhagen die Brennerei Kreutzkamp verzeichnet. Unter dem Datum vom 8. April 1819 wurde ein Betriebsrecht für die Monate Januar, Februar, März, April, Oktober, November und Dezember mit einer Branntweinmenge von 1 ½ Tonnen ausgewiesen. Das Bierbraurecht galt für die Monate Januar, März, April und Oktober und einer Braumenge von 4 Tonnen. Bis zum Jahre 1934 wuchs das Brennrecht durch Zukäufe auf ca. 75000 Liter Alkohol an. In dem 1917 neu erbauten Brennereigebäude, das 1979 abgerissen wurde, befanden sich seither eine Mühle und eine Preßhefefabrik. Im ehemaligen Dampfmaschinenraum wurde in den 60er Jahren eine Probierstube, die sogenannte Hackenschußbar, eingerichtet. Spezialität der Brennerei war früher der Münsterländer Doppelkorn, für den Franz Kreutzkamp 1929 sogar eine DLG-Auszeichnung erhielt, während die Tradition der Spirituosenherstellung nach Einstellung des Brennereibetriebes 1976 heute überwiegend durch die Produktion des Cappenberger Tröpfchens weiter gepflegt wird.



Eine Steuerliste von 1770

Eine Steuerliste der Bauerschaft Übbenhagen vom 6. Juli 1770 weist neben der großen Anzahl von Köttern, Brinksitzern und Einwohnern, deren Ehefrauen und Kindern sowie den Mägden und Knechten, die auf den landwirtschaftlichen Betrieben beschäftigt waren, folgende Handwerker und Gewerbetreibende der Bauerschaft auf: Joan Dietherich Kreutzkamp, Wirtschafther und Kötter; Johann Heinrich Ostermann, Braumeister bei Kreutzkamp; Bernd Niehues, Brauknecht bei Kreutzkamp; Stephen Frantz, Knecht auf den Cappenbergischen Ziegelöfen; Joan Bernd Wittenbrink, Zimmerknecht zum Cappenberg; Caspar Schlüsener, Brinksitzer und Leineweber; Everhard Kuhhirt, Lehrjunge bei Schlüsener; Dieth. Hülsman, Brinksitzer und Leineweber; Ferdinand Dörner; Brinksitzer und Schuster; Nevelvoss, Brinksitzer und Schumacher; Everhard Eneschus, Schneider auf freiem Grund für Cappenberg; Bernd Henrich Eneschus, Linnebandgeselle; Joan Dietherich Holtman, Zimmerknecht zum Cappenberg; Joan Meincke, Jäger zum Cappenberg; Elisabeth Grothues und Maria Catharina Bradis, Taglöhnerinnen; Wilhelm Winning, Weber zum Cappenberg. Folgende Personen standen als Handwerker in Diensten des Klosters: Bernd Böcker und Caspar Cohushölter als Zimmerknechte, Conrad Bömken und Jost Fischer als Holzhauer.



Die beiden Schmieden des Dorfes

Zu den angesehensten Handwerkern eines Dorfes gehörte früher der Schmied. Dies mag darin begründet gewesen sein, dass eine dörfliche Gemeinschaft ohne die Tätigkeit des Schmiedes nicht auskommen konnte. Auf Übbenhagen lässt sich eine Schmiede an der Borker Straße seit Mitte des 18. Jahrhunderts nachweisen. Der Schmiedemeister hieß Laarmann. Schmiedemeister Stefan Lenfert übernahm dann von seinem Schwiegervater den Betrieb. Nach seinem Tode heiratete die Witwe den Schmiedemeister Schlief. 1874 verkaufte die Familie Schlief die Schmiede an den aus Herbern stammenden Max Aschhoff. 1928 wurde die Schmiede nach einem Brand neu aufgebaut. In der Familie Aschhoff wurde das Schmiedehandwerk über drei Generationen ausgeübt, bis die Zeitläufe eine Dorfschmiede überflüssig machten.

Auf einem Briefkopf der Kunstschmiede Dortmann in Langern wird als Gründungsdatum das Jahr 1829 angegeben. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts wird dann am Cappenberger Damm die Schmiede der Familie Dortmann erwähnt. Schmiedemeister Wilhelm Dortmann soll ein bekanntes Original gewesen sein, über den Dr. Fritz Schulze Wischeler manches Döneken der Nachwelt erhalten hat. Sein Enkel Hubert Dortmann war letzter Inhaber der Cappenberger Schmiede.



Verzeichnis der Militärpflichtigen aus dem Jahre 1780

Im Jahre 1780 wurden alle Bewohner Übbenhagens, die militärpflichtig waren, mit ihrer Berufbezeichnung aufgeführt. Hierunter waren folgende Handwerker: Lenfers gen. Laarmann, Schmied; Bauerrichter, Cappenbergischer Ziegler; Wilm Wenning, Weber; Nievelvoss, Kuhirt und Anton Böcker, Schuster; Holtmann und Wittenbrink, Zimmerleute; Nievel, Schreiner; Timpeler, Kortmann und Dörner Schneider.



Bleichkuhlen im Dorf

Unter den Handwerkern des Dorfes befanden sich zu Ende des 18. Jahrhunderts einige Weber. Über deren Produkte und ihre Herstellung ist heute nicht mehr allzu viel zu erfahren. Anhaltspunkte finden sich aber noch auf alten Karten. Auf den Karten des Urkatasters, das für Cappenberg teilweise von dem ortsansässigen Geometer Ferdinand Empting erstellt wurde, sind einige Bleichkuhlen verzeichnet. Diese dienten der Bleiche des Flachses, der zum Weben von Leinen verwendet wurde. Bleichkuhlen gab es nachweisbar früher bei Kreutzkamp, auf der Kreutzkampswiese, bei Osterkamp, Schulze Wischeler, Kappenberg und Empting.



Im Haus an der Hellbrücke wohnte ein Zimmerknecht

Aus einem Gewinnbrief in den Akten des Klosters Cappenberg, , d.h. einer Urkunde, in der Besitzrechte verbrieft wurden, vom 4. Oktober 1783 erfahren wir, dass der Zimmerknecht Jost Heinrich Fischer nach dem Tode seines Vaters das Haus an der Hellbrücke zum Gewinn erhalten hat. Die zu leistenden Zahlungen in Bargeld sowie die Abgaben an Hühnern und die Handdienste wurden mit Lohnforderungen gegen das Kloster i.H.v. 29 Reichstalern verrechnet. Mit der Zahlungsmoral der Patres scheint es wohl nicht zum Besten gestanden zu haben.



Die Ziegelei am Grieseholt

Schon in den Akten des Klosters Cappenberg vor 1803 hat die Ziegelei zu Übbenhagen Erwähnung gefunden. Sie befand sich am Cappenberger Damm am Hof Osterkamp und war bis um das Jahr 1865 in Betrieb. Ton wurde teilweise am Waldrand des Kohuesholz abgebaut. Von den ehemaligen Gebäuden steht noch eine Scheune auf dem Hofgelände.  Aus den Einwohnerverzeichnissen ist lediglich der Ziegelmeister Bauerrichter mit Namen bekannt.



Die Sägemühle an der Baltimora

Zu den Gewerbeeinrichtungen des Klosters Cappenberg gehörte auch eine Sägemühle, die sich in der Gegend des Schießstandes im Wald befand. Letztmalig wird sie auf einer Karte aus dem Jahre 1804 verzeichnet. Früher sollen noch Reste des Mühlenwehres am unteren Ende der Baltimora in Scheipers Wiese gestanden haben. Zur Regenzeit konnte so der Bach aufgestaut und die Mühle für Zimmerleute des Klosters betrieben werden.



Backhäuser auf Cappenberg um 1820

Durch die Jahrhunderte hinweg wurde immer wieder eine Bäckerei im Kloster Cappenberg erwähnt. Diese war wohl nur für den Eigenbedarf des Klosters zuständig. Im Dorf selbst gab es aber trotzdem keinen Bäcker, bei dem man Brot einkaufen konnte. Aus einem Häuserverzeichnis der Gemeinde Bork aus dem Jahre 1822 geht jedoch hervor, dass mehrere Einwohner eigene Backhäuser besaßen. In unserem Dorf sind diese verzeichnet bei: dem Freiherrn vom Stein, J. H. Kreutzkamp, J.H. Fischer und J.B. Bömken an der Borker Straße, Joh. Theod. Koch und B. Kemler in der Dorfstraße, J. Voss, J.H. Benning und Bd. Schmiers am Gänsemarkt, Dreesken, H. Gördes, Joh.Theod. Vieter, Heinr. Grieseholt und J.H. Frenzer am Cappenberger Damm sowie bei J.H. Schilling an der Hirschwiese. Das Backhaus von Kreutzkamp ist im Jahre 1794 abgebrannt und neu errichtet worden. Um 1960 wurde es dann endgültig abgerissen. Der Torbalken befindet sich heute im Eingangsbereich des Hotels Kreutzkamp. Er trägt die Inschrift:
IM JAHR 1794 DEN 5. MERTZ WARF MICH EINE UNVERSEHNE FEUERSBRUNST
GANZ SCHNELL DARNIEDER : IM SELBIGEN JAHR DEN 3. JUNI STEH ICH WIEDER



Das Baugeschäft Kortmann

Einige Unterlagen, wie eine Ablösequittung aus Zeiten der Bauernbefreiung oder ein schriftliches Angebot an die Gräfin von Kielmannsegge über Arbeiten am Schloß Cappenberg belegen bereits 1834 das Bestehen der Bauunternehmung Kortmann. Diese wurde vom Maurermeister Wilhelm Telg gen. Kortmann aus Übbenhagen gegründet. Um die Jahrhundertwende war Gerhard Kortmann Inhaber des Betriebes. 1908 wurde das Unternehmen in zwei rechtlich selbständige Betriebe geteilt. August Kortmann führte den Stammsitz auf Cappenberg weiter, während sei Bruder Ferdinand in Nordkirchen einen neuen Betrieb gründete. Durch die einsetzende Industrialisierung wurde das Unternehmen bis in den Dortmunder Raum bekannt und hatte zeitweise bis zu 500 Mitarbeitern. Hier, wie auch in der Umgebung Cappenbergs, zeugten viele Großbauten, wie die Zeche Hermann in Selm und fast alle Verwaltungs- und Betriebsgebäude auf der Eisenhütte Westfalia in Wethmar von der Tätigkeit der Firma Kortmann. Auf Cappenberg errichtete Kortmann die Villen Janßen und Bläser, das Haus Hempel auf dem Gänsemarkt und die Villa Kreutzkamp. Nach 65-jähriger Trennung wurden 1973 beide Betriebe wieder vereinigt. Letzter Inhaber der Cappenberger Firma war Georg Kortmann. Die Bauunternehmung Kortmann war für Cappenberg ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor, indem viele unserer Schützenkameraden eine Beschäftigung fanden. August Kortmann verstarb 1957, sein Sohn Georg Kortmann im Jahre 1980. Nach dem Abriss des Firmengeländes an der Freiherr vom Stein Straße erinnert nur noch die Straße „Auf dem Sägeplatz“ an die Zimmerei des Baugeschäftes Kortmann.



Die Gräflich von Kielmannseggesche Brauerei

Graf Ludwig von Kielmannsegge legte 1840 eine große Bierbrauerei an, unter welcher sich ein Felsenkeller befindet. Die Brauerei lieferte jährlich 7-8000 Ohm Bier. Große Ökonomiegebäude, in denen Viehzucht betrieben wurde, umgaben die Brauerei. In der Nähe sah man einen angelegten Hopfengarten. Nach anfänglichen Schwierigkeiten blühte das Unternehmen stark auf. Am 6. Mai 1855 schrieb das Hauptzollamt Münster: „… Durch den Umfang ihres Betriebes zeichnet sich die Brauerei der Grafen Kielmannsegge zu Cappenberg vor allen übrigen aus…“ Die Brauerei war für Cappenberg und Umgebung ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. 30-40 Arbeitskräfte waren ständig beschäftigt. 2263 Reichstaler wurden 1848 an Löhnen und Gehältern ausgegeben. Hierzu kamen noch zahlreiche Deputate wie freie Wohnung mit Stall, Garten und Ackerland, Getreide, Treber, Milch und Bier. Die Übbenhagener Handwerker, insbesondere die Schmiede, waren voll beschäftigt, mit dem Beschlag der Pferde und der Instandhaltung des Fuhrparks. Ein vierspänniger Brauereiwagen fuhr dreimal wöchentlich nach Münster. Der Umsatz der Brauerei war schon vor der Jahrhundertwende langsam aber stetig zurückgegangen, da diese dem Konkurrenzdruck nicht mehr gewachsen war. Am 19.01.1903 wurde die Brauerei an Wilhelm Lindemann verkauft. Lindemann führte die Brauerei bis in den ersten Weltkrieg hinein weiter. Nachdem der Betrieb kriegsbedingt zum Erliegen gekommen war, wurde das Gebäude an den Kaufmann Heinrich Langkopf aus Hannover weiterverkauft. Dieser ließ die wertvollen Metalle für die Rüstungsindustrie ausschlachten. Das Braurecht wurde von einer Dortmunder Brauerei erworben. Als Albrecht Graf von Kanitz Cappenberg 1924 übernahm, gelang es ihm, das Brauereigelände zurück Zuerwerben.



Die Windmühle auf dem Weinberg

Im Jahre 1842 wurde auf der Anhöhe des Weinberges eine steinerne Windmühle errichtet, deren Gangwerke aus Gußeisen waren und an die 9000 Thaler gekostet haben sollen. Man mahlte Mehl, schälte Gerste zu Graupen und Weizen zu Reiß. Schloßmüller der Windmühle zu Cappenberg war um 1850 der aus Mecklenburg stammende Friedrich Wigger. Die Mühle auf dem Weinberg stand bis in die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts hinein und wurde dann abgebrochen.



Tagelohn der Handwerksleute und Tagelöhner um das Jahr 1850

In einer Chronik des Amtes Bork aus dem Jahre 1850 wurden auch Arbeitslöhne von Handwerkern erwähnt. Danach erhielt ein Schuhmacher, den man in seinem eigenen Hause arbeiten ließ, täglich 3 Silbergroschen. Dasselbe erhielten Schneider und Tagelöhner. Die Kosten für einen Mauermann, Zimmermann, Schreiner, Schnitter, Metzger etc. lagen bei 5 Silbergroschen.



Exkurs: Theodor König

1858 gründete der in der Nähe Übbenhagens auf dem Colonat Dahlkamp geborene Theodor König in Beeck bei Duisburg eine Brauerei. Sein Vater Johannes Schulze König hatte den Hof Dahlkamp geerbt. Theodor nannte sich der Einfachheit halber nur König. Nachdem er das Handwerk des Bierbrauens erlernt hatte, ging er nach Beeck, erbaute eine Ziegelei und fertigte die Ziegel zum Bau seiner eigenen Brauerei. Die König-Brauerei ist heute eine der größten deutschen Privatbrauereien.



Die Handwerker des Dorfes im Jahre 1865

Im Jahre 1865 stellte sich die soziale Struktur des Dorfes neben den Köttern wie folgt dar: Dortmann und H. Schlief, Schmiede; Elberfeld und H.J. Schlief, Schuster; Schilling, Holzschuster; Bauhaus gen. Dörner, Ludwig und Schlüsener, Weber; Böcker und Schmiers Schneider; J.B. Rötte, Böttger; Heuser, Maurer; Fischer, Zimmermeister; Rötte gen. Nievel, Zimmermann; Hierzu kamen als Taglöhner: Döbbe, Esbeck, Frenzer, Gremm gen. Baumeister, Henkel, Jücker, Kaup, J.G. Lettmann, T. Lettmann, Löcke und H. Rötte.



Cappenberger Handwerker von schwerem Schicksalsschlag betroffen

Im Sommer des Jahres 1873 wurde Cappenberg von der Ruhr heimgesucht. Der Maurer Johann Heuser aus Übbenhagen war der erste, den die Seuche am 28. Juli hinwegraffte. In einem Zeitraum von 11 Wochen starben 42 weitere Personen. Besonders hart wurde der Haushalt des Schreinermeisters Bönninghoff an der Varnhöveler Straße betroffen. Die Bönninghoffs waren eine seit Jahrhunderten in der Nähe Cappenbergs ansässige Familie. Das Schreinerhandwerk war bei ihnen erblich. Innerhalb einer Woche starben fünf Familienmitglieder. Selbst der Meister war lange krank, so dass der Betrieb geschlossen werden musste. Die Gesellen, unter ihnen Heinrich Vieter erhielten den Abschied.



Exkurs: die Gebrüder Vieter und Johann Theodor Fischer

Interessante Lebenswege hatten der am 13. Februar 1853 auf dem Vieter-Kotten geborene Heinrich und sein am 1. August 1857 geborener Bruder Bernhard Vieter. Nach der Volksschule begann Heinrich im Jahre 1867 eine Schreinerlehre beim Meister Quante in Bork. Sein ältester Bruder Wilhelm sollte dereinst den Hof übernehmen. Bernhard wurde ebenfalls Schreiner, der jüngste Bruder Anton wurde Schmied. Nach der Ausbildung arbeitete Heinrich Vieter erst bei Schreinermeister Filbry in Lüdinghausen und ab Ende 1871 bei Bönninghoff. Von 1873 bis 1883 ging er auf Wanderschaft. Während dieser Zeit entstand in Heinrich Vieter der Wunsch, Priester zu werden. Im italienischen Masio begann er bei der Missionsgesellschaft der Pallotiner sein Theologiestudium. Hier traf Heinrich Vieter seinen Bruder Bernhard. Dieser hatte den Winter über in Rom gearbeitet. Bernhard Vieter zog dann nach Frankreich. Von dort führte ihn sein Weg nach Amerika. Er starb am 14. August 1906 in New York. Heinrich Vieter wurde am 8. Mai 1887 in Masio zum Priester geweiht. Von dort ging er zunächst nach Südamerika und später nach Kamerun. Am 7. November 1914 ist er als erster Bischof von Kamerun gestorben.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verließ auch der am 4. Januar 1856 geborene Johann Theodor Fischer vom Haus an der Hellbrücke Übbenhagen und ging nach Amsterdam. Er hatte zunächst bei Kreutzkamp das Brennerhandwerk erlernt und gründete in Amsterdam einen eigenen Betrieb, der noch heute von seinen Nachkommen geführt wird.



Die Stellmacherei Seidenpfennig

Zu Zeiten, als in der Landwirtschaft Pferdewagen noch die wichtigsten Transportmittel bildeten, gab es in der Nähe Cappenbergs die Stellmacherei Seidenpfennig, am heutigen Siebenpfennigsknapp. Gegen Mitte des letzten Jahrhunderts heiratete ein Bielefeld in die Familie ein. Mit zunehmender Mechanisierung und Motorisierung wurden Leiterwagen und Kutschen nicht mehr benötigt, so dass dieses Gewerbe schließlich nicht mehr lohnte und die Familie Bielefeld sich auf den Betrieb einer Gastwirtschaft umstellte.



Die Schuhmacher des Dorfes

Schon im vergangenen Jahrhundert wurden in den Einwohnerlisten des Dorfes mehrere Schuhmacher und auch Holzschuhmacher erwähnt. Auch bis in unsere Tage wurden diese Gewerke ausgeübt. Der Vater unseres ehemaligen Schützenoberst Bauhaus, Theo Bauhaus gen. Dörner war vermutlich der letzte Holzschuhmacher des Dorfes. Auch mehrere Schuster gingen ihrer Tätigkeit nach. So berichtet Frau Hempel vom Gänsemarkt, dass sie als kleines Mädchen in den 20er Jahren in der Nachbarschaft ihres Elternhauses die Auswahl zwischen König vom Gänsemarkt und Löchter an der Borker Straße hatte.

In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg begann dann Schuhmacher Seliger im Anbau von Aschhoffs Schmiede sein Geschäft. Aus einer alten Schreinerfamilie stammend, wurde Josef Kohushölter Schuhmachermeister. Seit Beginn der 60er Jahre hatte er sein Geschäft in Lünen in der Laakstraße.



Die Vertreter des Sattlerhandwerks

Im Dorf waren in der Nachkriegszeit zwei Sattlermeister tätig. Josef Lettmann hatte früher sein Geschäft im Anbau der Remise der Villa Janßen an der Borker Straße. Aloys Orlowski begann seine Tätigkeit in einem Gebäude auf dem Hofgelände von Kreutzkamp.



Das Holzverarbeitende Handwerk auf Cappenberg

Nachdem schon in den ältesten Urkunden des Klosters das Schreinerhandwerk verbürgt war, sind besonders seit den Zeiten des Freiherrn vom und zum Stein zahlreiche Schreiner auf Cappenberg tätig gewesen. Auf der Brauerei war bis die Nachkriegszeit eine Schreinerei eingerichtet. Dort hat auch unser ehemalige Ehrenoberst Anton Kohushölter seine Ausbildung absolviert. Mitglieder der Familie Kohushölter waren seit Generationen dem Schreinerhandwerk verbunden. 1965 gründete Anton Kohushölter seinen eigenen Betrieb am Cappenberger Damm, den er dann 1980 aus Platzmangel nach Bork ins Gewerbegebiet verlagerte. Zu Füßen des Schlosses im Dreischfeld erinnerte bis vor einigen Jahren noch ein verwitterter Schriftzug an die Stuhlfabrik der Familie Westermann. Der Vogelbauer des Schützenvereins und ehemaliger Schützenkönig Heinz Westermann, ließ das Gebäude vor einigen Jahren dann zu einem Wohngebäude umbauen, so dass auch diese Erinnerung an einen der Cappenberger Handwerkerbetriebe verschwunden ist. Der einzige heute noch im Dorf ansässige Schreinerbetrieb wurde 1946 von Theodor Löchter in der Baltimora gegründet. Dieser war vor dem Krieg bei Kortmann beschäftigt gewesen. Nach einer schweren Kriegsverletzung begann er dann zunächst mit der Anfertigung kleiner Holzteile und Reparaturen. Die Werkstatt wurde 1946 errichtet. Nach der Übernahme des Betriebes im Jahre 1975 erweiterte Otto Löchter, unser Schützenkönig, in den 80er Jahren. Heinz Schemmann, Hauptmann der 1. Kompanie, gründete seinen Schreinerbetrieb in Nordkirchen. Er starb viel zu früh an den Folgen eines schweren Autounfalls am Cappenberger Damm. Neben den Schreinern ist auch der Betrieb von Bernhard Böcker am Hölterweg nicht zu vergessen. Er war der letzte Vertreter des Böttgerhandwerks des Dorfes.



Das Bäcker- und Metzgerhandwerk im Dorf

Erst in diesem Jahrhundert wurde auf Cappenberg die erste Bäckerei von Karl-Heinz Oberliesen am Cappenberger Damm neben dem Wasserturm gegründet, aus der dann auch ein Lebensmittelgeschäft hervorgegangen ist. Nachdem Oberliesen sich zur Ruhe gesetzt hatte, wurde die Bäckerei von der Bäckerei Kallwey aus Südkirchen übernommen. Auf der anderen Seite des Cappenberger Dammes neben der Schmiede von Hubert Dortmann befand sich die Metzgerei Möritz. Nach der Aufgabe des Geschäftes wurde das Gebäude zum Wohnhaus umgebaut.



Die Betriebe des Malerhandwerks

In Zeiten als Cappenberg nur einen Bruchteil der heutigen Einwohnerzahl hatte, bestanden mehrere Malerbetriebe im Dorf. Nach der Jahrhundertwende richtete Wilhelm Mürmann seinen Betrieb auf dem Gelände des Emtingshofes ein. Nach dem Tode seines Sohnes im 2. Weltkrieg fand er keinen Nachfolger, der den Betrieb übernehmen konnte. An der Freiherr von Stein Straße befand sich der Malerbetrieb von Wilhelm Meinke, der auch keinen Nachfolger fand. Malereimeister Burkhard hatte seinen Betrieb bis in die 70er Jahre am Immenbrock. In dritter Generation besteht heute nur der Betrieb Kindt. Nach der Gründung durch Grotefels wurde der Betrieb von Schwiegersohn Klaus Kindt übernommen, der das Geschäft dann vor einigen Jahren an seinen Sohn Bernd übergab.



Die Friseure des Dorfes

Zu den heute nicht mehr vertretenen Handwerksberufen gehört der Friseur. Das erste Geschäft der Familie Lettmann befand sich im Haus Ecke Löwentor Freiherr vom Stein Straße, das Anfang der 70er Jahre von unserem Oberstleutnant Werner Hartmann übernommen wurde. Über Jahrzehnte befanden sich dann die Friseurbetriebe im Hause Wenderoth, die zunächst lange Jahre von Frau Göschel und später als Filiale von Quante aus Werne betrieben wurden. Für einige Jahre hatte auch Frau Grubendorfer ein Geschäft im gerade renovierten Emtingshof eingerichtet.



Das Elektrohandwerk auf Cappenberg

Bereits in den 20er Jahren wurde der erste Betrieb des Elektrohandwerks auf Cappenberg von Paul Aschhoff an der Freiherr vom Stein Straße gegründet. Neben seinem eigentlichen Handwerk betrieb er auch noch eine Tankstelle, die auf Bildern des Schützenfestes 1954, als er die Königswürde errang, zu sehen ist. Der Betrieb wurde dann von Heinrich Sieberg übernommen und wird heute von dessen Schwiegersohn Strücker weitergeführt. Im Jahre 1948 gründete der ehemalige Hauptmann der 2. Kompanie, Gottfried Böcker seinen Betrieb. Auch Gottfried Böcker konzentrierte sich nicht nur auf das Elektrohandwerk, sondern betrieb noch einen Fahrradhandel. Nachdem in Kreutzkamps ehemaliger Remise an der Borker Straße auch noch die Poststelle betrieben wurde, verlegte Gottfried Böcker den Betrieb samt Poststelle ins neu entstandene Ortszentrum Ecke Rosenstraße/Übbenhagen. Martin Böcker führte den Elektrobetrieb dann bis in die 80er Jahre weiter.



Die Handwerksbetriebe der Familie Jücker

Der größte Handwerksbetrieb des Dorfes ist heute die Bauunternehmung Jücker an der Überwasserstraße. Zahlreiche Bauten auf Cappenberg und in der näheren und weiteren Umgebung zeigen von der Tätigkeit dieser Firma, die nunmehr in der 3. Generation betrieben wird. Norbert Jücker hatte seinen Installationsbetrieb für Gas-, Wasser-, Sanitär- und Heizungstechnik in Langern an der Varnhöveler Straße eingerichtet.



Ein Handwerkerstammtisch

Früher gab es bei Kreutzkamp auch einmal einen Handwerkerstammtisch. Mit Abnahme der Zahl der Mitglieder drohte dieser einzuschlafen. Durch Fusion mit dem Bauernstammtisch entstand der Stammtisch Wilde Sau, der sich jeden Sonntag am Herdfeuer bei Kreutzkamp traf. Hierauf dichtete Dr. Fritz Schulze Wischeler: „Zu Kreutzkamps Sonntags gehe ich, die Freunde Sonntags sehe ich, am Stammtisch Wilde Sau…“



Schlussbemerkung

Die Pflege der handwerklichen Traditionen des Dorfes obliegt nicht dem Schützenverein, sondern der Kolpingfamilie Cappenberg, bei der jedoch auch viele Schützenkameraden Mitglied sind. Anlässlich des 50. Jubiläums der Kolpingfamilie Cappenberg im Jahre 1977 fand ein großer Festumzug durch das Dorf statt. Dabei wurde alle Gewerke des Dorfes auf Festwagen präsentiert. Ein Beispiel ihrer Handwerkskunst gaben die Schreiner des Dorfes zum Schützenfest des Jahres 1997, als sie ein maßstabgetreues Modell unserer Stiftskirche nachbauten, das im Festumzug mitgeführt wurde und an die Klostergründung durch Gottfried von Cappenberg vor 850 Jahren erinnern sollte.